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Vitamine JA! Impfung NEIN! Die verlogene Diskussion mit zweierlei Maß – und ohne Mitte

Impfdiskussionen nehme ich für gewöhnlich gelassen. Auch wenn ich selbst überzeugter Befürworter bin, denke ich, dass es unsere Gesellschaft aushalten muss, dass nicht alle die Impfung wollen. Gemeinsam schaffen wir das auch so!

Aber die Argumente, mit denen entschiedene Gegner die Impfung ablehnen, und die plötzliche „Wissenschaftlichkeit“, mit denen sie ihre verbalen Waffen lautstark ins Feld führen, wirken auf mich teils schon befremdlich.

Ich kenne unzählige Menschen, die „nebenbei“ irgendeine Substanz einwerfen, von der sie  sich Vorteile versprechen: Melatonin für den einen gesunden Schlaf, Vitamin B-Komplex für schöne Haut und schönes Haar, und Vitamin D – für alles andere. Letzteres ist in den letzten Jahren zum Shooting-Star unter den Supplements und Nahrungsergänzungsmitteln avanciert – übrigens bei äußerst mittelmäßiger Studienlage. Aber die „wissenschaftliche“ Betrachtung von Sinn und Dosierung solcher Substanzen interessiert die meisten nur wenig, solange sie Schönheit oder persönliches Wachstum versprechen.

Die Frage, die mich beschäftigt ist: Ist den meisten Menschen klar, was sie da zu sich nehmen? Kennen sie die Studienlage? Und sind sie hier ähnlich kritisch wie bei der Impfung? Wissen sie eigentlich, was hinter Vitamin D steckt? Von der Molekularstruktur handelt es sich um ein Hormon. Mit einer solchen Bezeichnung würden es die meisten ablehnen, als „Vitamin“ nehmen Sie es bedenkenlos. Es klingt einfach gesünder.

Ich habe vor nicht allzu langer Zeit einen Kraftsportler in meiner psychologischen Beratung gehabt, eine Spezies, die als Musterbeispiel für eine Maximalbeanspruchung ihres Körpers mit zweifelhaften Substanzen gelten darf: Kreatin für mehr Muskelenergie, Eiweiß für mehr Muskelwachstum und Testosteron, um die natürlichen Grenzen all dessen in Richtung Marvel-Universum zu verschieben. Er saß vor mir und erzählte mir, dass er seit Jahren Testosteron einnehme. Er hatte Pickel auf der Stirn wie ein Teenager und Leberwerte wie ein Alkoholiker. Aber als wir auf die Covid-19 Impfung zu sprechen kamen, versteifte er sich auf eine leidige Diskussion, wie ich denn als Arzt eine solche Impfung befürworten könne, die doch eine Sinusvenenthrombose verursachen würde. Tatsächlich liegt das aktuelle Risiko bei 0,001-0,002%. Ich bin jedoch nicht weiter auf die Statistik von Impf-Risiken versus Testosteron-Risiken eingegangen, denn ich war zu viel mit Staunen beschäftigt.

Die Studienlage zu den meisten Vitaminen und Mikronährstoffen, die aus dem Komplexverbund der Natur herausgelöst und uns in Form von Tablette und Pulvern angeboten werden, ist im besten Fall mittelmäßig, in den meisten Fällen sogar grottenschlecht. Dagegen sind die teils gravierenden und gefährlichen Nebenwirkungen gut bekannt. Nota bene: Alle liegen oberhalb des Risikos sämtlicher bekannter Impfkomplikationen: Lungenkrebsrisiko bei Rauchern nach zu viel Beta-Carotin, schwere Entwicklungsstörungen bei Kindern, deren Mütter in ihrer Schwangerschaft zu viel Vitamin A zu sich nahmen, Arterienverkalkung bei zu viel Vitamin D, Nierenschäden und Knochenerweichung bei isolierten Aminosäuren bzw. Eiweißüberangebot, ein mehrfach belegtes höheres Risiko für Prostata-Krebs bei zu viel Folsäure, und so weiter, und so weiter. Eine jüngst publizierte Studie zeigte gar, dass bspw. die Einnahme von zu viel Kupfer, das Menschen da draußen in der Regel völlig unwissend für ein angeblich schönes Bindegewebe und einen besseren Energiestoffwechsel einnehmen, das Risiko vorzeitig zu sterben allein um satte 18% steigert.

Wer dreimal in der Woche Billigfleisch beim Discounter kauft, im Winter die in Schiffsbäuchen gereiften und gespritzten Südfrüchte isst, täglich mit Süßstoffen und künstlichen Aromen angereicherte Fertigwaren verputzt und der eigenen „Gesundheit zu liebe“ seinen Körper von mit Nahrungsmittel und Supplements flutet, geht jeden Tag ein Risiko ein, das weit höher liegt als das eines gut untersuchten Impf-Wirkstoffes.

Der große Sir Peter Ustinov sagte einmal: Maßstäbe sind so wechselhaft wie das Wetter. Vielleicht sollten auch die Impfgegner, deren Entscheidung ich prinzipiell akzeptiere, zumindest überlegen, ob ihre Argumente fair sind und ob sie auch in anderen Bereichen ihres Lebens die gleichen wissenschaftlichen Ansprüche an Ihre Ernährung stellen, wie an die Corona-Impfstoffe, die trotz beschleunigter administrativer Zulassungsverfahren zu den am besten untersuchtesten Wirkstoffen der Impfgeschichte gehören…

Literatur:

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Schürks M, Glynn RJ, Rist PM, Tzourio C, Kurth T (2010) Effects of vitamin E on stroke subtypes: meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 341:c5702

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Mursu J., et al.: Dietary supplements and mortality rate in older women. Arch Intern Med 171 (18), 1625 – 1633 (2011).

Jane C. Figueiredo, Maria V. Grau, Robert W. Haile, Robert S. Sandler, Robert W. Summers, Robert S. Bresalier, Carol A. Burke, Gail E. McKeown-Eyssen, John A. Baron, Folic Acid and Risk of Prostate Cancer: Results From a Randomized Clinical Trial, JNCI: Journal of the National Cancer Institute, Volume 101, Issue 6, 18 March 2009, Pages 432–435,

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B.I. Freedmann, L.E. Wagenknecht, K.G. Hairston: Vitamin D, adiposity and calcified atherosclerotic plaque in African-Americans, J Clin Endocriol Metab, 2010, 95 (3), S. 1076-1108

Rothman, K. et al. “Teratogenicity of high vitamin A intake.” The New England journal of medicine333 21 (1995): 1369-73 .

 

Es wäre mir eine große Ehre und Freude, wenn ich Sie künftig mitnehmen dürfte auf meine Reise durch die Welt von Geist und Gehirn.

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